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Katar: Trotz Embargo auf Shoppingtour in London

Die ehemalige US-Botschaft in London am Grosevnor Square wurden von Katar gekauft. Foto: If you use this photo, please link to www.CGPGrey.com for attribution. https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

Titelbild: CGPGrey.com (CC BY 2.0)

Trotz eines von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten angeführten Embargos, investiert Katar weltweit weiter: Das kleine Emirat am Golf kauft die ehemalige US-Botschaft in der britischen Hauptstadt. 

Es ist ein historischer Ort in Londons Mayfair-Bezirk: Zwischen 1938 und 2017 residierte hier am Grosvenor-Platz die Botschaft der Vereinigten Staaten bei seinem engsten Verbündeten Großbritannien. Seit die US-Botschaft in ein neues Gebäude – der nunmehr größten US-Botschaft in Europa – an die Themse umgezogen ist, steht der 50er-Jahre-Bau des finnischen Architekten Eero Saarinen im Herzen Londons leer.

Doch wenn es nach einem kleinen, gasreichen Golfemirat geht, sollen hier bald die Bagger auffahren. Denn Katar hat das Gebäude erworben, um daraus ein 137-Zimmer-Hotel der Rosewood-Gruppe zu machen. Das Gebäude soll darüberhinaus bis zu fünf Restaurants, Shopping-Flächen und einen Spa beinhalten. Die Eröffnung ist für 2023 geplant.

Dort, wo früher Diplomaten ein- und ausgingen, sollen künftig Hotel- und Restaurantgäste flanieren. Rendering: DBOX/Rosewood

Dass Katar ein Gebäude im Herzen Londons kauft ist nicht ungewöhnlich. Es ist nur die letzte aus einer ganzen Reihen von Investitionen in den britischen Immobilienmarkt. In den vergangenen eineinhalb Jahren hat das kleine Land rund 3 Milliarden Pfund investiert. Sowohl der drohende Austritt Großbritanniens aus der EU, als auch die Blockade der anderen Golfstaaten gegen Katar haben den Geldfluss in den britischen Markt nicht gestoppt.

Vorwürfe

Die Blockade-Staaten – allen voran Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate – bezichtigen Doha der Terrorfinanzierung und Unterstützung islamistischer Gruppierungen. Katar bestreitet die Vorwürfe. Das Embargo zwang das Land zwar Milliardeninvestitionen kurzfristig zurückzufahren, um die heimische Wirtschaft und das Bankensystem zu stützen, dennoch bleibt Katar pro Kopf das reichste Land der Welt. (siehe dazu: Wie man aus einer Halbinsel eine Insel macht)

Blockade überstanden: Trotz Embargo ist in Katars Hauptstadt Doha nach anfänglichen Versorgungsengpässen wieder Normalität eingekehrt.
Foto:„West Bay during the night“ von Flickr/Pepe Pont , Lizenz: (CC BY-ND 2.0)

Die 2005 gegründete Qatar Investment Authority (QIA), der Staatsfond des Landes, soll ein Vermögen von 300 Milliarden US-Dollar verwalten. Geld, das aus den Einkünften aus dem Gasgeschäft kommt. Das kleine Emirate ist einer der größten Anbieter von Flüssiggas. Die riesigen Vorräten sollen weit über 100 Jahre reichen. Geld, das Qatar Diar, die Immobilientochter der QIA besonders gerne in London investiert.

The Shard, das im Eigentum des katarischen Staatsfonds QIA steht, ist zum markanten Kennzeichen der Londoner Skyline geworden. In dem 309.7 m-hohen Gebäude befinden sich unter anderem auch die Londoner Büros des Nachrichtensenders Al-Jazeera, der ebenfalls von Katar finanziert wird.
Foto: „London, England“ von Flickr/Rick Ligthelm , Lizenz: (CC BY 2.0) 

In der britischen Hauptstadt gehören dem Fonds unter anderem mit The Shard das höchste Gebäude der Stadt sowie der legendäre Konsumtempel Harrods. Außerdem ist die QIA an der Londoner Börse beteiligt.

Shoppingtour im Shoppingtempel: Katar hat nicht nur bei Harrods ein- sondern das Unternehmen gleich ganz gekauft. Foto:“London – October 2012″ von Flickr/Nan Palmero ,Lizenz: (CC BY 2.0)

Neben diesen langfristigen strategischen Investments, ist Katar seit der Krise auch auf einer dem Anschein nach durchaus politischen Einkaufstour unterwegs. So erwarb man von BAE System 24 Eurofighter zum Kaufpreis von rund 6 Milliarden Pfund.

Bunte Luftwaffe: Neben amerikanischen F-15 und französischen Rafale-Flugzeugen hat Katar auch 24 Eurofighter bei der britischen BAE Systems bestellt.
Foto:„Eurofighter Typhoon FGR.4 ‚ZK356′“ von Flickr/Alan Wilson , Lizenz: (CC BY-SA 2.0) 

Fast zeitgleich hat man aber auch 36 französische Kampfjets vom Typ Rafale sowie 36 F-15-Jets amerikanischer Produktion geordert. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, das Land kauft sich mit diesen Bestellungen und Investments nicht nur eine – recht bunt gemischte – Luftwaffe, sondern Allianzen.

Autor: Stefan Binder.
Veröffentlicht am 9.8.2018.
Titelbild: CGPGrey.com (CC BY 2.0)

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Stefan Binder: Stefan Binder ist Journalist und Blogger in Wien.
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