Nasser al-Wuhayshi, Chef der al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel, ist das jüngste Opfer in einer Reihe tödlicher US-Drohnenangriffe, was Spekulationen über eine Geheimdienstinfiltration nährt.
„Wir (…) trauern mit unserer muslimischen Gemeinschaft (…), dass Abu Baseer Nasser bin Abdul Karim al-Wuhayshi (…) bei einem amerikanischen Angriff mit zwei weiteren seiner Mujahideen-Brüder gestorben ist“. Mit einem nicht enden wollenden Satz verkündete der jemenitische Extremist Khaled Batarfi den Tod von Nasser al-Wuhayshi, Anführer der Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP), im Jemen.
Der Al-Kaida-Anführer, der zwischen 30 und 40 Jahre alt war, soll bei einem US-Drohnenangriff ums Leben gekommen sein. Der tödliche Schlag fand vermutlich bereits am vergangenen Freitag statt, die jemenitische Nachrichtenseite al-Masdar berichtete schon vor der Veröffentlichung des Al-Kaida-Videos über einen Angriff in der Provinz Hadramaut.
Alte Al-Kaida-Garde
Der in der südwestjemenitischen Provinz al-Baida geborene Wuhayshi gehörte zur alten Garde der Al-Kaida: Nach längerer Zeit in religiösen Institutionen im Jemen reiste er Ende der 90er-Jahre nach Afghanistan und ist dort rasch zu einem Vertrauten des damaligen Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden aufgestiegen. Nach der Schlacht von Tora Bora im Jahr 2001 und dem Sturz der Taliban in Afghanistan ist er in den benachbarten Iran geflohen. Dort wurde er festgenommen und an sein Heimatland Jemen ausgeliefert. Er blieb ohne Anklage inhaftiert, bis ihm im Februar 2006 mit 22 anderen Häftlingen – zumeist Al-Kaida-Kader – die Flucht gelang.
2007 stieg Wuhayshi zunächst zum Chef des jemenistischen Al-Kaida-Zweigs auf. Als sich dieser im Jänner 2009 mit dem saudi-arabischen Zweig zur Organisation Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel zusammenschloss, wurde er deren Anführer.
Gefährlichster Al-Kaida-Ableger
Die AQAP gilt als der gefährlichste und aktivste Ableger des weitverzweigten Al-Kaida-Netzwerkes. Ziel der Extremisten ist es bis heute, die saudische Königsfamilie zu stürzen und ein islamisches Kalifat zu errichten. Auf ihr Konto gehen zahllose Anschläge und Anschlagsversuche auf der Arabischen Halbinsel aber auch im Westen. Sowohl hinter dem vereitelten Attentat auf ein US-Passagierflugzeug in Detroit 2009 („Unterhosenbomber) als auch hinter den vereitelten Paketbombenanschlägen auf Transportmaschinen 2010 wird die AQAP von Geheimdiensten vermutet. Erstmals ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit geriet sie 2003, als sie bei mehreren zeitgleich durchgeführten Selbstmordattentaten auf westliche Einrichtungen 29 Menschen in Saudi-Arabien ermordete.
Trotz massiver Gegenschläge der saudischen Sicherheitsbehörden gelang es der Gruppe immer wieder, große Anschläge durchzuführen. Letztlich gewannen die Saudis aber die Oberhand und die Extremisten sahen sich gezwungen, in den Jemen auszuweichen, wo sich bereits zahlreiche Anhänger befanden. Dort fanden sie den idealen Nährboden für extremistische Organisationen: eine schwache Zentralregierung in Sanaa, deren Einfluss kaum über die Hauptstadt hinausreichte, und schwer zu kontrollierende quasi-autonome Stammesregionen.
Geheimdienstinfiltration
Der Tod Wuhayshis ist der jüngste in einer ganzen Reihe von tödlichen US-Schlägen gegen den Al-Kaida-Ableger. Seit Jänner 2015 starben zahllose Anführer des Extremistennetzwerks, darunter Harith al-Nadhari, Ibrahim al-Rubaish und Nasser al-Ansi – alles religiöse oder militärische Führer der AQAP.
Die hohe Zahl und Dichte der erfolgreichen US-Angriffe in den vergangenen Monaten gab Gerüchten neuen Auftrieb, die Islamisten wurden erfolgreich von Geheimdiensten infiltriert. Mit diesem Verdacht muss sich nun Qasim al-Raymi auseinandersetzen. Der bisherige Militärchef wurde in dem Video als Wuhayshis Nachfolger verkündet