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Propaganda in Muttersprache: Syrischer Jihad auf Deutsch

Foto: Screenshot

Immer mehr junge Europäer ziehen im syrischen Bürgerkrieg in den Jihad. Propaganda in der Muttersprache wird dabei immer wichtiger.

„Al-Hamdu-l-illah, wir haben eine Mig runtergehauen. Al-Hamdu-l-illah, die Brüder haben gut geschossen“: Der abstürzende Mig-Jet gehörte zur Luftwaffe des syrischen Staatschefs Bashar al-Assad, die Stimme auf dem Video zu einem deutschen Jihadisten, der an der Seite anderer Gotteskrieger in Syrien kämpft. Die Aufnahme ist klares Indiz für die stetig wachsende Zahl ausländischer Kämpfer in Syrien.

„Das zentrale Ausreiseziel für Jihadisten aus Deutschland“ nannte Hans-Georg Maaßen, Präsident des deutschen Verfassungsschutzes, Anfang August das kriegsgebeutelte Land. Mehr als 120 Islamisten aus Deutschland seien nach Erkenntnissen der deutschen Behörden bisher in den Nahen Osten gereist, um sich am syrischen Bürgerkrieg zu beteiligen. Mehr säßen auf „gepackten Koffern, um in Syrien Kampferfahrung zu sammeln“.

Jihad-Propaganda

Den Beweis dafür, dass die Informationen stimmen, liefern die Jihadisten selbst. Gleich mehrere deutschsprachige Videos zeigen, wie Deutsche in jihadistischen Kampfverbänden im syrischen Bürgerkrieg aktiv sind. Solche Aufnahmen tauchen nicht zufällig im Netz auf, sondern sind Teil einer großangelegten Medienkampagne. Verbreitet werden die professionell gemachten Videos und Textbeiträge neben Deutsch und Arabisch auch auf Russisch, Türkisch und Englisch. Als Plattformen dienen mehrere Webseiten, Foren, Facebook, Twitter und Youtube.

„So etwas schafft Neugierde“, sagt Claudia Dantschke vom Zentrum Demokratische Kultur in Berlin im Interview mit derStandard.at. „Vorher kannte man in Deutschland nur Gruppen wie die Ausländerbrigaden oder Jabhat an-Nusra, jetzt aber gibt es dazu auch vertraute Gesichter, und das wirkt wie eine Adresse, an die sich Jugendliche wenden können.“

Deso Dogg

Eines dieser Gesichter der deutschsprachigen Jihad-Propaganda ist Denis Cuspert, besser bekannt unter dem Namen Deso Dogg. Vor seiner Karriere als Jihadist war der Sohn eines ghanaischen Vaters und einer deutschen Mutter Rapper mit Böse-Buben-Image. Als er mit dem Salafismus in Berührung kam, nannte er sich Abou Maleeq und wurde in der deutschsprachigen Islamistenszene als Nashid-Sänger (islamisch-religiöse Lieder) bekannt. Das Rappen gab er zwar auf, seine kriminelle Karriere jedoch nicht.

Inszenierung: Ein Video, das Denis Cuspert in Kampfmontur in Syrien zeigen soll, wird auf radikalislamischen Plattformen verbreitet. Screenshot: Youtube

Erst im August 2011 wurde er in der Bundesrepublik wegen illegalen Waffenbesitzes zu einer Geldstrafe verurteilt. Gemeinsam mit dem Österreicher Mohamed M. war er einer der führenden Köpfe der islamistischen Gruppe Millatu Ibrahim, die 2012 in Deutschland verboten wurde. Cuspert hat sich daraufhin mit M. ins Ausland abgesetzt, bis er schließlich wieder in Videos aus Syrien auftauchte. M. befindet sich nach wie vor in Gewahrsam der türkischen Behörden. Er wurde ohne gültige Reisedokumente in der Türkei festgenommen.

Nun kämpft Cuspert vermutlich in Syrien an der Seite der Jaish al-Muhajireen wa-l-Ansar (Armee der Emigranten und Unterstützer, kurz oft als Ausländerbrigaden bezeichnet), die zum Anlaufpunkt für viele europäische Jihadisten geworden sind.

Armee der Emigranten und Unterstützer

Im Sommer 2012 gegründet und heute unter vorwiegend tschetschenischer Führung, kämpft die Gruppe, die zum Großteil aus Nichtsyrern bestehen dürfte, heute in Aleppo, Idlib und zuletzt auch in Latakia – den Hotspots des syrischen Bürgerkriegs.

Die Armee der Emigranten und Unterstützer, die laut eigenen Angaben rund 1.000 Kämpfer umfasst, ist dabei nur eine von zahlreichen jihadistischen Gruppen, die in Syrien Ausländer in ihren Reihen haben. Militärisch spielen Kämpfer wie Deso Dogg zwar kaum eine Rolle. Doch „indem man Kämpfer aus aller Herren Länder holt, internationalisiert man den Kampf in Syrien und hebt so die Bedeutung des Konflikts. Gleichzeitig sind diese ausländischen Kämpfer wichtige Propagandisten in ihren Heimatländern“, sagt Dantschke.

Rückkehr

Ein noch größeres Problem könnten die Kämpfer bei ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer darstellen. Sicherheitsdienste befürchten, dass Jugendliche, die in Syrien in den Kampf gegen das Assad-Regime gezogen sind, aufgrund ihrer Erlebnisse, ihrer Ausbildung und Kriegserfahrung als potenzielle Attentäter zurückkehren könnten. Eine Taktik, die radikalislamische Organisiationen wie Al-Kaida schon lange in ihren Strategiepapieren haben.

Österreich ist diesbezüglich nicht aus dem Schneider. Laut Peter Gridling, Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Wien, beteiligen sich auch Österreicher aus extremistischen Zirkeln an den Kämpfen in Syrien. Syrien sei auch hierzulande innerhalb radikalisierter Netzwerke als „neues Kampfgebiet des Jihad“ Thema.

Autor: Stefan Binder
Veröffentlicht am 30.8.2013

Weiterführende Links:
Interview mit Claudia Dantschke:
 „Das Entscheidende ist die Logistik im Kopf“
Stefan Binder: Stefan Binder ist Journalist und Blogger in Wien.
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