Der Daily Star, Libanons einzige englischsprachige Tageszeitung, verschwindet von den Kiosken. Die Medien des Landes befinden sich in einer Krise.
Libanons einzige englischsprachige Tageszeitung “The Daily Star” suspendiert seine Printausgabe. Das hat die Zeitung Anfang Februar bekannt gegeben. In seiner Stellungnahme begründete das Unternehmen die Einstellung damit, dass die Anzeigenumsätze im letzten Quartal und im Jänner 2020 praktisch auf null gefallen seien. Die Webseite und Social-Media-Präsenzen des Blattes sollen jedoch weiter betrieben werden.
Die finanzielle Schwierigkeiten plagen derzeit nicht nur die Zeitung, sondern das ganze Land hat. Der Libanon steckt in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Ende des libanesischen Bürgerkrieges. Die ohnehin prekäre budgetäre und politische Situation hat sich weiter verschärft, nachdem seit Oktober im ganzen Land gegen die Korruption und jahrzehntelange Misswirtschaft demonstriert wird. Schon zuvor zeichnete sich eine deutlicher wirtschaftlicher Abschwung im Land ab (siehe dazu meinen Bericht vom Jänner 2019: Libanons Immo-Party droht ein jähes Ende). Auch die finanziellen Probleme des Daily Star sind nicht neu: Schon im Dezember streikten mehrere Mitarbeiter der Zeitung, weil sie monatelang nicht bezahlt wurde.
Lebendige Medienlandschaft
Mit seinem Schicksal ist die Tageszeitung nicht alleine: Nur wenige Tage vor der Bekanntgabe der Einstellung der Print-Ausgabe gab auch de Sender Radio One, der seit 37 Jahren zu einem der beliebtesten Musikradiosendern gehört, seine Schließung bekannt. Auch im Libanon befindet sich der Medienmarkt aufgrund der digitalen Ära im Umbruch und zahlreiche libanesische Tageszeitungen mussten schließen: 2017 wurde die Zeitung as-Safir nach 42 Jahren eingestellt, ein Jahr später folgte die Tageszeitung al-Anwar. Anfang 2019 stellte die Zeitung al-Mustaqbal, die im Eigentum der Familie des ehemaligen Premierminister Saad al-Hariri (سعد رفيق الحريري ) steht, ihre Print-Ausgabe ein. Auch am Daily Star hielt Hariri Anteile. Die wirtschaftlichen Probleme des Landes im vergangenen Jahr haben die Krise der Medien noch verschärft, was nun auch den Daily Star in die Knie zwingt.
Die libanesischen Medien sind vom – im Westen durchaus bekannten – Wandel in der Medienlandschaft stärker betroffen als andere Medien in der Arabischen Welt. Der Grund liegt in der vergleichsweise fortschrittlichen Mediengesetzgebung. Der Libanon war das erste Land der Arabischen Welt, das Privatradios und -TV erlaubte. Während staatliche oder halbstaatliche Eigentumsverhältnisse in anderen Teilen des Nahen Ostens üblich sind (mehr dazu: Medien und Nachrichtenportale in der Arabischen Welt), befinden sich fast alle TV- und Radiostationen des Libanon im Privatbesitz – freilich auf eine sehr libanesische Art. Beinahe jede politische und religiöse Gruppierung im Libanon besitzt direkt oder indirekt ein eigenes Medienunternehmen. Bekanntestes Beispiel dafür ist al-Manar TV, der von der libanesischen Hisbollah betrieben wird.
Wiederauferstehung
Für den Daily Star, der vom bekannten Journalisten Kamel Mrowwa ( كامل مروة ) gegründete wurde, ist es nicht die erste Einstellung. Zuletzt wurde die Publikation des Blattes während des libanesischen Bürgerkriegs unterbrochen – damals freilich noch ohne Online-Präsenz als Ersatz. 1996 kam es schließlich zum Neustart. Der Daily Star wurde 1952 als eine der ersten englischsprachigen Zeitungen der Arabischen Welt für die immer größer werdende Expat-Community des Nahen Ostens gegründet.
Eine Rückkehr der Printausgabe ist nicht ausgeschlossen, darauf lässt zumindest die Stellungnahme der Zeitung schließen: “Der Daily Star entschuldigt sich bei den Lesern seiner Printausgabe und bleibt zuversichtlich, dass er diesen Sturm überstehen kann“.