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1001 Geschichten über die Arabische Sprache

Arabische Schrift auf einer Tafel. Foto: Andrew Moore (CC BY-SA 2.0)

Titelbild: „Arabic“ von  Andrew Moore ,Lizenz: (CC BY-SA 2.0)

Ist die Arabische Sprache einfach oder schwer? Stimmt es, dass Malteser Arabisch sprechen? Versteht man Arabisch, wenn man Hebräisch spricht?  – 1001 9 Fakten über Arabisch.

1. Die Arabische Schrift ist einfach

Es wirkt wie die größte Barriere zur neuen Sprache ist aber am einfachsten erlernt: Die Arabische Schrift ist das mit Abstand einfachste am Arabischlernen. Die Schrift wird von rechts nach links geschrieben, die Buchstaben werden in der Regel miteinander verbunden. Deswegen haben auch alle Buchstaben mehr als eine Form (eine für Wortanfang, Wortmitte und Wortende). Gewöhnungsbedürftig ist, dass in der Schrift für gewöhnlich keine Kurzvokale zu sehen sind, sie werden nur durch kleine Hilfszeichen (sogenannte “Harakat”) dargestellt. Diese finden sich in der Regel aber nur selten (z.B. in vielen Kinderbüchern oder im Koran). Trtzdm knn mn Schrft & Sprche vrsthn.

Mit dem Aufkommen von SMS und sozialen Medien entwickelte sich darüberhinaus die sogenannte Arabizi, Arabisch in lateinischen Buchstaben. Interessanterweise ist in letzter Zeit zu beobachten, dass sie wieder abnimmt.

2. Die Arabische Sprache ist schwierig

Den Schwierigkeitsgrad einer Sprache zu bemessen, ist eine Wissenschaft für sich und kann immer nur relativ betrachtet werden.Eine Möglichkeit: Das Foreign Service Institute, das amerikanische Diplomaten in Fremdsprachen ausbildet, hat ermittelt, wie lange es für Menschen mit Englisch als Muttersprache dauert, bis man eine Sprache erlernt.Demzufolge wurden die Sprachen in fünf Schwierigkeitsstufen unterteilt: Finden sich in Kategorie I (575-600 Stunden, um die Sprache zu beherrschen) noch Sprachen wie Französisch, Dänisch oder Italienisch, ist Arabisch gemeinsam mit chinesischen Sprachen, Japanisch und Koreanisch in der schwierigsten Kategorie V (2200 Stunden, um die Sprache zu beherrschen) zu finden.

3. Vom Arabischen kratzt der Hals

Die Arabische Schrift besteht aus 28 Konsonanten. Zum Leidwesen vieler Studierender spielen sich viele davon im hinteren Teil des Rachens ab. So gibt es zum Beispiel ein K, das normal ausgesprochen wird und ein K, das im Kehlkopfbereich ausgesprochen wird (siehe Tiroler Dialekte, die viele Ks so bilden),  oder mehrere Formen des “s” (normal, emphatisch und stimmhaft). Auch ob ein “r” mit der Zunge gerollt oder im Rachen gebildet wird, macht im Arabischen einen Unterschied.

4. Arabisch wird von enorm vielen Menschen gesprochen

Arabisch ist die Nationalsprache in rund zwei Dutzend Ländern (nicht auf Mauretanien vergessen!) und ist die Muttersprache von rund 300 Millionen Menschen. Gesprochen wird es aber insgesamt von bis zu 450 Millionen Menschen und ist somit die am fünft häufigsten gesprochene Sprache der Welt.  

5. Niemand spricht Arabisch

Genau genommen ist Modernes Hocharabisch die Muttersprache von niemanden. Diese Sprachform basiert auf dem Klassischen Arabischen, das wiederum auf dem Arabisch basiert, das im Koran verwendet wird.

Mit der islamischen Eroberung verbreitete sich die Sprache in all ihren Formen im Nahen Osten und Nordafrika. In dieser Zeit begann auch die Standardisierung des Arabischen hin zu dem, was heute als Klassisches Arabisch bezeichnet wird. Das weiter entwickelte Moderne Hocharabisch ist die Sprache für formale Situationen (z.B. Reden), die Sprache der Medien und der Schule. Sowohl modernes Hocharabisch als auch Klassisches Arabisch werden als “al-Fusha”, (Kurzform für al-Lura al-Arabiya al-Fusha = “die eloquenteste arabische Sprache”) bezeichnet.Tatsächlich gesprochen werden hingegen arabische Dialekte. Sie weisen bisweilen große Unterschiede untereinander aus (mehr dazu im nächsten Punkt)

6. „Mein Dialekt ist derjenige, der dem Hocharabischen am ähnlichsten ist“

…hört man von beinahe jedem Araber. Ist trotzdem falsch. Der Unterschied zwischen den Dialekten ist vor allem in der Aussprache einzelner Konsonanten, Vokale und unterschiedlichen Vokabeln zu finden.

Der Unterschied zwischen Hocharabisch und Dialekt ist hingegen oft so groß, dass man von Diglossie („Zweisprachigkeit“) spricht. Kristen Brustad, Co-Autorin von „al-Kitaab fi Taallum al-arabiyya“, hält dem entgegen, dass es sich beim Konzept der arabischen Diglossie „mehr um Ideologie denn um linguistische Realität handelt“.

Wie gut verstehen sich Araber nun untereinander? Das hängt davon ab, welcher Dialekt verwendet wird. Viele nordafrikanische Dialekte haben mitunter ein schweres Dasein, weil sie außerhalb Nordafrikas am schlechtesten verstanden werden. Der ägyptische Dialekt (womit der Stadtdialekt von Kairo gemeint ist) war lange Zeit jener, der am meisten verstanden wurde, da in den 50er und 60 Jahre Ägypten die arabische Film- und Musikindustrie dominierte und so der Dialekt weithin getratragen wurde.

7. Sogar Gott spricht Arabisch

Zumindest wenn man der islamischen Überlieferung Glauben schenkt. Denn dieser zufolge, wurde der Koran via Erzengel Gabriel an den Propheten Mohammed gesandt – und zwar nicht in irgendeiner Sprache, sondern auf Arabisch.Da Gott eher keine Grammatikfehler macht, halten daher viele das Arabisch des Koran für das “einzig wahre” Arabisch.

8. Malteser sprechen Arabisch

Das stimmt so natürlich nicht, aber man kann Malteser damit ganz herrlich ärgern, weil ein Funken Wahrheit in der Aussage steckt. Die maltesische Sprache ist aus dem sizilianisch-arabischen Dialekt entstanden. Syntax und Grammatik sind nach wie vor Arabisch, das arabische Vokabular ist allerdings auf rund ein Drittel gesunken. Franzosen, Italiener, Engländer – jeder, der die Insel einmal beherrschte, hinterließ auch im maltesischen Vokabular seine Spuren und verdrängte so Schritt für Schritt arabische Worte.

Wie kam Arabisch nach Malta? Die islamische Dynastie der Fatimiden eroberten Sizilien am Ende des 9. Jahrhundert und brachte ihren nordafrikanischen Arabisch-Dialekt mit ins Land. 1049 siedelten sich schließlich arabische Siedler von Sizilien kommend in Malta an. Selbst als 1091 Christen Sizilien eroberten (und in der Folge auch Malta unter christliche Kontrolle brachten) kamen weiterhin arabische Siedler von Sizilien nach Malta.Allerdings brach von da an der Kontakt zum restlichen arabischen Sprachraum ab, weswegen sich Maltesisch in der Folge anders entwickelte als andere arabische Dialekte. Maltesisch ist daher auch in vielerlei Hinsicht ein Unikum: Es ist nicht nur die einzige in Europa gesprochene semitische Sprache sondern auch die einzige semitische Sprache, die ein lateinisches Alphabet verwendet. Kann ein Araber also maltesisch verstehen? Nein – allein das stark italienisierte Vokabular sollte das unmöglich machen. Wer aber Arabisch kann, kann in maltesischen Sätzen klar arabische Strukturen erkennen.

9. Wer Arabisch kann, versteht auch Hebräisch?

Nein. Arabisch und Hebräisch gehören zwar zur gleichen Sprachfamilie – das Verbsystem ist ähnlich, ein Teil des Vokabulars ähnelt sich ebenfalls. Dennoch können sich die Sprecher der Sprachen nicht verstehen. Beides sind semitische Sprachen: Diese Sprachgruppe hat mehr als 500 Millionen Sprecher. Hebräisch spielt darin aber nur eine Nebenrolle: Die größte aller semitischen Sprache ist Arabisch, gefolgt von Amharisch (20 Mio. Sprecher/Äthiopien), Tigrinya (9 Mio. Sprecher, Eritrea und Äthiopien) und Hebräisch (7 Mio. Sprecher).

Nebenbei erwähnt: Genau genommen gehört Israel zu den Arabischen Staaten. Denn neben Hebräisch ist auch Arabisch Staatssprache in Israel.

Autor: Stefan Binder. Veröffentlicht am 20.1.2018.
Titelbild: „Arabic“ von  Andrew Moore ,Lizenz: (CC BY-SA 2.0)
p.s.: Nein, das ist kein wissenschaftlicher Beitrag.
Stefan Binder: Stefan Binder ist Journalist und Blogger in Wien.
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