Jordanien: Der Domino-Stein der offenbar nicht fallen darf

Jordaniens König Abdullah II. Foto: thierry ehrmann (CC BY 2.0)
Titelbild: „Abdullah II of Jordan, painted portrait P1040664“ von thierry ehrmann , Lizenz: (CC BY 2.0)

Das haschemitische Königreich wird zum Sorgenkind. Wegen Budget- und Subventionskürzungen gehen Tausende auf die Straße. Eine Geldspritze aus Saudi-Arabien soll es nun richten.

Jordanien wird zum Sorgenkind. Das Land am Jordan – arm an Ressourcen und reich an Schulden – war in den vergangenen Wochen Schauplatz von Massenprotesten, die sich an der vermeintlich harten Sparpolitik entzündeten.

Dabei hat die Regierung kaum eine Wahl: Das Land beansprucht Hilfe vom internationalen Währungsfond. Um diese zu erhalten, verpflichtete sich Jordanien harte Sparmaßnahmen durchzuführen: Steuern wurden erhöht, Subventionen auf Brot reduziert. Nun sollten auch die Subventionen auf Benzin- und Elektrizitätspreise gekürzt werden. Die Einschnitte sollen den 37 Milliarden Dollar großen Schuldenberg, rund 95 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, reduzieren.

Die Demonstranten gingen dagegen auf die Straße mit dem Vorwurf, die Maßnahmen – speziell das Streichen von Subventionen – würden überproportional die Armen treffen. Nachdem der Brotpreis nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher gestützt wurde, verdoppelte sich dessen Preis. Außerdem wurde immer wieder der Vorwurf der Korruption erhoben und dass sich Politiker gerne an öffentlichen Töpfen bedienen. Damit nicht genug. Die Arbeitslosenrate – offiziell mit 18 Prozent angegeben – hat den höchsten Stand seit Jahren erreicht. In diesen angespannten Arbeitsmarkt strömten in den vergangenen Jahren laut UN rund 650.000 syrische Flüchtlinge. (mehr dazu im Artikel: „Jedes Problem scheint hierher zu kommen“)

Puffer

Den Preis für die Proteste musste Hani Mulki zahlen. Der Premierminister wurde von König Abdullah II gefeuert. Dass in Jordanien ein Premierminister zurücktritt, ist nicht ungewöhnlich – im Gegenteil. Seit dem Amtstantritt Abdullahs II 1999 gab es 12 Premierminister im Land.

Hani al-Mulki, ehemaliger Premierminister Jordaniens
Ex-Premierminister Jordaniens Nummer 12: Hani al-Mulki. (Foto:„AIG_3553“ von Ministério das Relações Exteriores, CC BY-NC 2.0)

Die jordanische Monarchie verwendet ihre Regierung und ihren Premier als eine Art Puffer zwischen dem König und seinem Volk. So ist – sobald etwas in der Innenpolitik gehörig schief geht – schnell ein Sündenbock zur Stelle. Die Illusion von Veränderung im Land konnte so die vergangenen Jahre erfolgreich am Leben gehalten werden. Der Trick scheint nicht mehr so gut zu funktionieren.

2,5 Milliarden Dollar Geldspritze

Die Situation wurde offenbar so besorgniserregend, dass Saudi-Arabien und seine Verbündeten am Golf Jordanien intervenierten. Neben den Herrschern in Riad, haben auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait in einem Statement Anfang der Woche in Mekka bekannt gegeben, dass das jordanische Budget mit 2,5 Milliarden Dollar die nächsten Jahre unterstützt werden soll. Es handelt sich um eine Einzahlung an die jordanische Nationalbank, Weltbankgarantien und finanzielle Hilfe für Entwicklungsprojekte.

Jordanien, einer der engsten Verbündeten der USA im Nahen Osten, galt in einer Region – mit den Unruheherden in Palästina, Syrien, Irak und Ägypten – als Insel der Stabilität.

Beziehungsprobleme

Die Hilfe kommt ausgerechnet in einer Zeit, in der die Beziehung zwischen Jordanien und Saudi-Arabien nicht friktionslos sind. Jordanien weigert sich trotz saudischen Drucks bis heute die Muslimbrüder im Land als Terrororganisation einzustufen. Auch die Beteiligung des haschemitischen Königreichs im Krieg im Jemen war bestenfalls zurückhaltend. Und die derzeitige Vorgänge im nicht mehr existenten palästinensischen Friedensprozess, die auch von Saudi-Arabien gut geheißen werden, haben im Land für noch größere Irritationen gesorgt. Denn rund 50 Prozent der jordanischen Einwohner haben einen palästinensischen Hintergrund.

Und dennoch fließt nun Hilfe – scheinbar brennt der Hut. Jordanien ist der Domino-Stein, der offenbar nicht fallen darf. Zu wichtig ist das Land, das eine rund 750 Kilometer lange Landgrenze mit Saudi-Arabien teilt. Dabei ist der Ausbruch der Krise indirekt von Saudi-Arabien ausgelöst worden. 2011 – am Höhepunkt des Arabischen Frühlings – haben die Golfstaaten Jordanien Milliarden Dollar an jährliche Budgethilfe zugesagt. Die Geldspritze floß – bis das Programm vergangenes Jahr auslief.

Autor: Stefan Binder.
Veröffentlicht am 16.6.2018
Titelbild: „Abdullah II of Jordan, painted portrait P1040664“ von thierry ehrmann , Lizenz: (CC BY 2.0)

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